Landessegelverbände des DSV

Inklusion braucht starke Partner

Der Offenbacher Ruderverein 1874 – Abt. Segeln hält einen Jahresrückblick

Seit diesem Jahr ist Inklusives Segeln ständiger Teil unseres sportlichen Angebotes. Jeden Sonntag ab 11 Uhr versuchen wir im Rahmen unseres offenen Trainings ein Inklusionsangebot zu realisieren.

Möglich ist dies durch das starke Engagement der Stadtwerke Offenbach, die uns in 2023 mit einer Spende den Kauf eines Inklusions-Bootes ermöglicht und den Start in unser Projekt «Inklusion im Segelsport» befördert hat.   Sechs Segler und Seglerinnen haben nun die Chance, ihre Beeinträchtigung im Training auf einem barrierefreien Boot, für kurze Zeit hintanzustellen und ihre Teilhabe am Sport zu realisieren. Der Sportkreis Offenbach, der den ORV 1874 finanziell unterstützt, der Landessportbund Hessen, der mit einem gezielten Fortbildungsprogramm den sportlichen Leiter geschult hat, sind die weiteren Partner an der Seite des Trainer- und Helferteams der Segelabteilung des Offenbacher Rudervereins 1874.

Ein ganz wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist hierbei, die Menschen abzuholen und klarzustellen, wir wollen, dass Inklusion nicht die Ausnahme ist, das Besondere, sondern das Normale, die Regel. Wie «gut» uns dieser Ansatz gelungen ist, haben wir im Frühjahr 2024 in den sozialen Medien erfahren müssen.

Die Stadtwerke Offenbach hatte mit einem Bild unseres Segelbootes, einer SV 14 segelnd auf dem Main, kundgetan, dass 35 Vereine finanziell in ihrem sportlichen Engagement unterstützt werden.

Die Wellen der Empörung schlugen hoch, der Sport der Reichen, Segeln, dies zu unterstützen, sei ja wohl das Allerletzte. Erst der Wechsel des Fotos beendete den Shitstorm, das Bild vom ebenfalls geförderten Boxclub im Nordend beruhigte die Diskussion.

Was viele nicht wissen, Offenbach hat mit seinem eher bescheidenen Wassersportangebot auf dem Main in den letzten Jahren auch erfolgreiche Segler hervorgebracht, die es zu nationalen Meistertiteln in olympischen Bootsklassen und vielen Top 10 Platzierungen bei internationalen Wettkämpfen gebracht haben.

Auch das Bild des Seemanns mit Augenklappe und Handprothese verdeutlicht, dass Segeln und Inklusion eine lange Tradition haben.

Die Stadtwerke Offenbach hat sich nicht beirren lassen und hat uns über das ganze Jahr begleitet.

Neben dem regelmäßigen Sonntagstraining auf dem Main haben wir am Deutschland-Cup teilnehmen können, in einer Serie von drei Regatta-Events konnten wir den «KETTLER DEUTSCHLAND CUP» mit einer Top 10 Platzierung beenden.

Die Frauencrew Hannah Alix und Laura Weise, hier beim 1. Event des Kettler Deutschland Cup. Bild: Sven Jürgensen

Den nun im zweiten Jahr stattfindenden «Inklusiven Segelländerpokal» haben wir genauso erfolgreich besucht, wie den «Helgacup», die größte reine Frauenregatta weltweit, wo unser Frauenteam in Hamburg zeigen konnte, was es kann.

Bei der German open in der Klasse SV14 verpassten wir nur knapp das Podest und kamen unter die Top 5.

Laura und Benedikt Weise im roten Vereinsshirt bei ihrer ersten Auswärtsregatta in Münster am Aasee. Bild: Sven Jürgensen

Bei einer SV 14 Regatta in Münster präsentierten wir nicht nur unser eigenes Boot, sondern fuhren auch einen Tagessieg ein.

Die sehr schwachen Winde bei der Offenbacher Stadtmeisterschaft vermasselten uns schlussendlich, an unser gutes Ergebnis aus dem Vorjahr anzuknüpfen.

Im Laufe des Jahres haben wir mit vier blinden Seglerinnen und Seglern Erfahrungen sammeln können und befinden uns in einem regen Erfahrungsaustausch bundesweit.

Zum «Tag des Inklusiven Segelns» im Rahmen der Bootsaustellung «BOOT Düsseldorf 2025» werden wir uns in einer Arbeitsgruppe darstellen können.

Neben dem Training und der Teilnahme an Regatten liegt ein weiterer Schwerpunkt unseres Projektes «Wir bringen Inklusion aufs Wasser» in der Einbindung von Teilhabe in unsere Jugendarbeit.

Den Saisonhöhepunkt bildete hier unsere Segelfreizeit in Holland, in der zweiten Woche der Herbstferien. Mit einem traditionellen Segelschiff, dem Klipper Lutgerdina, umgebaut zu einem barrierefreien Plattbodenschiff, ging es auf einen Törn zu den friesischen Inseln Texel und Terschelling und zurück nach Enkhuizen. Die 19 TeilnehmerInnen, von denen 6 eine Beeinträchtigung haben, waren von 4 Jahren jung bis 68 Jahre alt. Besonders beeindruckt war Inge, eine 68-jährige Blinde, ehemalige Schulsozialarbeiterin, über die engagierte und liebevolle Unterstützung der Kinder und Jugendlichen.

Sie hatte sich als eine der letzten zu einer Teilnahme entschieden und war das erste Mal auf einem Segelschiff unterwegs. Sie wurde in alle Aktivitäten entsprechend ihrer Beeinträchtigung eingebunden und wagte sich letztendlich mit Unterstützung sogar ins Klüvernetz.

V.l.n.r.: Emilia und Inge mit der Matrosin im Klüvernetz der Lutgerdina.
Bild: Sven Jürgensen

So ziehen wir zum Schluss der Saison eine durchgängig positive Bilanz. Inklusion braucht mehr als den «Aktionstag», wir wertschätzen alle Aktivitäten in Sport und Gesellschaft, die dem Thema Inklusion die notwendige Öffentlichkeit verschaffen. Wir wollen, dass Inklusion die neue Normalität darstellt.

Unser Dank gilt den Sportlern und Sportlerinnen mit Beeinträchtigung, die unsere Bemühungen wertschätzen. Sie finden es gut, dass wir uns mit noch nicht 100%-tig «BARRIEREFREIEN» Bedingungen in Bewegung gesetzt haben. Gemeinsam werden wir besser.

Dank an den Sportkreis Offenbach und das Sponsoring durch die Stadtwerke Offenbach.

Danke an den Offenbacher Ruderverein 1874, der im 150. Jahr seines Bestehens nicht aufhört, sich immer wieder neu zu erfinden.

Danke an die vielen Mitglieder des Vereins, die unser Engagement mittragen und unterstützen. 

Matthias Sator, ORV-S